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Chemisches Recycling hat großes Potenzial, ist aber kein Allheilmittel

Jun 26, 2023Jun 26, 2023

Jochen Schofer, Vertriebsleiter des Geschäftsbereichs Recycling der Coperion GmbH

In der Reihe „Reden wir über chemisches Recycling“ spricht der Fachverband Kunststoff- und Gummimaschinen des VDMA mit Experten und Interessenvertretern aus dem Bereich chemisches Recycling. Laut Jochen Schofer, Vertriebsleiter des Geschäftsbereichs Recycling der Coperion GmbH, sollte die Eliminierung schlecht konzipierter und nicht recycelbarer Produkte „unser erstes Ziel“ sein.

Herr Schofer, welchen Beitrag kann chemisches Recycling zur Kreislaufwirtschaft leisten? Grundsätzlich kann es einen großen Beitrag leisten. Richtig funktioniert es aber nur zusammen mit der werkstofflichen Verwertung. Und es wird nur funktionieren, wenn die Kreislaufwirtschaft nicht nur in Deutschland oder Europa, sondern weltweit akzeptiert wird. In vielen Teilen der Welt gibt es jedoch immer noch entweder nur fragmentierte oder gar keine Abfallsammelsysteme, Deponierungssysteme und ähnliche Systeme, die in der Lage sind, einen ausreichenden Abfallstrom für das Recycling zu erzeugen. Auf den Zug des chemischen Recyclings springen derzeit immer mehr Großkonzerne auf, die allesamt international agieren. Es besteht die Hoffnung, dass sie einen erheblichen Beitrag zum Aufbau der notwendigen Infrastruktur in allen Teilen der Welt leisten werden. Chemisches Recycling hat großes Potenzial. Die bisher erzielten Ergebnisse sind sehr vielversprechend. Dennoch steckt das chemische Recycling noch in den Kinderschuhen, während das mechanische Recycling bereits etabliert ist. Das chemische Recycling hat ein besonderes Potenzial, da viele Kunststoffe nicht mechanisch verarbeitet werden können und immer mehr hinzukommen. Denken Sie zum Beispiel im Bausektor an die vielen Mischkunststoffe, die beim Abriss eines Hauses freigesetzt werden, oder in der Automobilindustrie. Gerade deshalb muss chemisches Recycling einen großen Beitrag zur Kreislaufwirtschaft leisten.

In welchen Bereichen ist chemisches Recycling dem mechanischen Recycling überlegen? Der große Vorteil des chemischen Recyclings gegenüber dem mechanischen Recycling besteht darin, dass damit alle Arten von Kunststoffen recycelt werden können. Sie benötigen nicht mehr einen einzigen Stoffstromtyp wie beim mechanischen Recycling – zum Beispiel nur noch Polyethylen oder Polypropylen. Durch chemisches Recycling können auch Verbundwerkstoffe recycelt werden. Voraussetzung ist jedoch, dass Sie über einen großen Stoffstrom verfügen, denn nur dann kann der Prozess wirtschaftlich betrieben werden. Einige große Anlagen für chemisches Recycling mit Durchsätzen von bis zu 25 Tonnen pro Stunde sind bereits in Planung.

Auf welche Recyclingmethode setzt der Maschinenhersteller Coperion vor allem? Als Maschinenbauer haben wir es uns zum Ziel gemacht, die Kunststoffindustrie bestmöglich auf ihrem Weg zur Kreislaufwirtschaft zu unterstützen. Wir entwickeln Lösungen für das chemische Recycling, das mechanische Recycling und sogar für viele andere Prozesse, wie zum Beispiel das lösemittelbasierte Recycling. Hierbei werden zwei unterschiedliche Polymere voneinander getrennt und das Lösungsmittel im Extruder entgast. Wir bieten Technologien zur Verarbeitung aller Kunststoff-Stoffströme, sowohl für gut sortierte als auch für schlecht sortierte. Aber die Frage ist, ob man die Energie in die Vorsortierung oder, im Falle des chemischen Recyclings, in die anschließende Verarbeitung der Ölqualität steckt. Denn je schlechter das Produkt ist, das aus dem Reaktor kommt, desto mehr Verarbeitung ist erforderlich. Auch hier kommt es letztlich auf die Wirtschaftlichkeit an. Da der chemische Recyclingprozess sehr energieintensiv ist, empfiehlt es sich, sich bei hohen Durchsätzen stärker auf die vorgelagerten Schritte zu konzentrieren. Für kleinere Anlagen kann es auch wirtschaftlich sinnvoll sein, in die Aufbereitung des gewonnenen Öls zu investieren.

Gab es technologische Herausforderungen? Als Pioniere in der Aufbereitungstechnik für Neukunststoffe haben wir unsere Produktpalette so verändert, dass wir auch den Recyclingmarkt mit innovativen Lösungen bedienen können. Beim Recycling haben wir es mit verunreinigten Materialien, geringen Schüttgewichten oder hohen Feuchtigkeitsgehalten zu tun. Daher haben wir viele Weiterentwicklungen, Anpassungen und Optimierungen unserer Technologien vorgenommen. Speziell für das chemische Recycling haben wir beispielsweise eine neue Technik entwickelt, die eine zuverlässige Entgasung von Chloriden direkt im Extruder ermöglicht.

Wird das Abfallproblem durch die Kreislaufwirtschaft gelöst? Beide Systeme, mechanisches und chemisches Recycling, sind keine Wundermittel. Beide leisten einen großen Beitrag zur Lösung unseres Abfallproblems, aber es muss noch viel mehr getan werden. Beim Produktdesign sollte vor allem auf schlecht recycelbare Kunststoffe gänzlich verzichtet werden. Denn wenn immer mehr schlecht recycelbare Kunststoffe auf den Markt kommen, drohen diese am Ende verbrannt statt recycelt zu werden. Ein großer Beitrag wäre daher, schlecht recycelbare Kunststoffe einfach gar nicht erst zu produzieren und zu verwenden. Das sollte unser erstes Ziel für eine funktionierende Kreislaufwirtschaft sein.

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Herr Schofer, welchen Beitrag kann chemisches Recycling zur Kreislaufwirtschaft leisten?In welchen Bereichen ist chemisches Recycling dem mechanischen Recycling überlegen?Auf welche Recyclingmethode setzt der Maschinenhersteller Coperion vor allem?Gab es technologische Herausforderungen?Wird das Abfallproblem durch die Kreislaufwirtschaft gelöst?